Venenzentrum
Das offene Bein
Allgemeine Informationen
Übersicht
Unter einem Beingeschwür (Ulcus cruris) versteht man einen Gewebsverlust im Unterschenke linfolge einer Chronischen Venösen Insuffizienz (CVI). Es stellt somit die schwerste Form der CVI dar.
Ein ulcus cruris, das unter optimaler phlebologischer Therapie innerhalb von drei
Monaten keine Heilungstendenz zeigt bzw. nicht innerhalb von 12 Monaten abgeheilt ist,
gilt als therapieresistent.
Was sind die Ursachen
Die Pathophysiologie ist gekennzeichnet durch die Folgen der venösen
Hochdruck, bedingt durch Abflussbehinderungen im Bereich der thrombotisch
geschädigten Venenabschnitte und - oder Insuffizienz des Klappenapparates.
Die Ursache der venösen Insuffizienz kann sowohl eine Obstruktion als auch eine
Klappeninsuffizienz (überwiegende Ursache) sein. Der Begriff der "ambulatorischen
venösen Hypertonie" beinhaltet sowohl die Erhöhung des intravasalen Druckes im
Venensystem des von der CVI betroffenen Abstromgebietes als auch die Unfähigkeit
des Systems, eine adäquate Druckreduktion in abhängiger Lage durch Aktivierung
der Muskel-Gelenk-Pumpen (z.B. beim Gehen = ambulatorisch) zu bewirken.
Risikofaktoren
Das größte Risiko ein Ulcus cruris zu erleiden, haben Patienten mit stattgehabten
Venenthrombosen. Hervorzuheben sind hier jedoch übergewicht (Adipositas) sowie das
Voliegen von Venenerkrankungen, wie Venenentzündungen oder Krampfadern (Varizen).
Symptome
Die Krankheitsbilder des Ulcus cruris entsprechen denen des chronisch-venösen
Stauungssyndroms, für das eine Einteilung in 4 Stadien vorgeschlagen wurde
(Hach 1994).
Stadium I Schwellungsneigung ohne Gewebssklerose
Stadium II mit Verhärtungen der Haut und des Subkutangewebes (Dermatoliposklerose)
Stadium III sklerotische Gewebsveränderungen der Haut, des Subkutangewebes und umschriebener Areale der Faszie (Dermatolipofasziosklerosis regionalis)
Stadium IV sklerotische Veränderungen der Haut, des Subkutangewebes und der Faszie zirkulär am Unterschenkel mit ausgedehnten, manchmal zirkulären Ulzerationen
Bei der klinischen Untersuchung muß neben der Abklärung der arteriellen Durchblutung
besondere Aufmerksamkeit auf ein ödem (vergleichende Umfangsmessung)
und typische Hautveränderungen (Pigmentierungen, Corona phlebectatica, Atrophie,
Induration des Subkutangewebes, Atrophie blanche, Ulzerationen) geachtet werden.
Variköse Veränderungen können im Sinne der sekundären Varikose ebenfalls beim
post- thrombotischen Syndrom von Bedeutung sein. Wichtig ist auch die überprüfung
der Gelenkfunktionen, besonders des oberen Sprunggelenkes, um ein arthrogenes
Stauungssyndrom auszuschließen.
Die diagnostischen Verfahren zur Abklärung der Ursache gleichen denen zur Abklärung
einer CVI. Bei der Anamneseerhebung sollten erfragt werden: die familiäre Belastung,
Begleiterkrankungen, Risikofaktoren wie die berufliche Belastung und sportliche
Aktivitäten, Operationen und Traumatisierungen der unteren Extremitäten und der
Beckengürtelregion, Anzahl und Komplikationen von Schwangerschaften, Thrombosen
und subjektive Symptome. Bei der klinischen Untersuchung steht neben der Inspektion
(z.B. Hyperpigmentierung, Dermatosklerose, Atrophie blanche, Ekzeme, ödeme, Venen-
und Puls-Status, Narben, Ulkusgröße und -morphologie) die medizinische
Ganzkörperuntersuchung einschließlich neurologischer und orthopädischer
Untersuchung im Vordergrund. Die Ulkusgröße sollte zu Beginn und im Verlauf
der Behandlung dokumentiert werden (z.B. Ulkus-Folie)]. Die Basisdiagnostik beinhaltet
die direktionale Dopplersonographie der Bein-Arterien mit Ermittlung des systolischen
Knöchelarteriendruckes in Korrelation zu den Brachialarterien, ggf. mit Darstellung
der Dopplersignalkurve und die direktionale Dopplersonographie der Venen (epifaszial,
transfaszial und subfaszial, spontane- und provozierte Signale, Valsalva-Manöver) sowie
ein funktionelles Untersuchungsverfahren wie z.B. die Lichtreflexionsrheographie /
Photoplethysmographie - bei pathologischen Werten mit Tourniquet. Durch geeignete
labor-chemische Untersuchungen sollen systemische Erkrankungen ausgeschlossen
werden, die ihrerseits zu Gewebeuntergang führen können (z.B. Anämie, Diabetes
mellitus). Therapieresistente und morphologisch ungewöhnliche Ulzerationen müssen
histologisch abgeklärt werden (z.B. Malignom-Verdacht). Eine routinemäßige
bakteriologische Untersuchung des Ulkusgrundes ist nicht erforderlich. Sollten Hinweise
auf eine Infektion ausgehend vom Ulkusbereich vorliegen, müssen geeignete Verfahren
zur Identifizierung des Erregers und zur Bestimmung seiner Empfindlichkeit gegenüber
antimikrobiellen Substanzen eingeleitet werden.
Die erweiterte Diagnostik beinhaltet die (farbkodierte) Duplexsonographie des Venen-
und ggf. Arteriensystems, die (aszendierende Preß-) Phlebographie (evt. in DSA-Technik),
ggf. in Kombination mit der Phlebodynamometrie , die Varikographie,
die Phlebodynamometrie und die Venen-Verschluß-Plethysmographie (VVP).
Eine weitergehende spezielle Diagnostik beinhaltet die Magnet-Resonanz-Tomographie,
die Intrakompartimentäre Druckmessung und bei klinischen und anamnestischen
Hinweisen weitergehende serologische Untersuchungen als etablierte Verfahren.
Zeitpunkt hierfür ist ½ bis 1 Jahr nach abgelaufener Thrombose, da in diesem
Zeitraum Rekanalisation und Kollateralisation ihr endgültiges Ausmaß erreicht haben.
Phlebographische Kontrolluntersuchungen bei gleichbleibender Klinik sind nicht sinnvoll.
Hier genügen funktionelle Untersuchungen. Bei akutem Wandel der klinischen Symptomatik mit Verdacht auf Re-Thrombose ist eine erneute Phlebographie indiziert, da hier die Aussagekraft, vor allem im Vergleich mit früheren Röntgenbilder, deutlich größer ist als bei nicht-invasiven Verfahren. Weiterführende Untersuchungen: Bei dem breiten Spektrum der Krankheitsbilder des Ulcus cruris sind in Einzelfällen weitere Untersuchungen erforderlich. Ein Thrombophilie-Screening mit Bestimmung der Plasmaaktivitäten von AT III Potein S und Protein C ist schon anläßlich der ersten Thrombose indiziert bei allen jungen Patienten mit offensichtlichen Risikofaktoren sowie auch bei älteren Patienten mit familiärer Belastung. Bei klinischem Verdacht auf ein paraneoplastisches Syndrom ist eine Tumordiagnostik anzuschließen.
In Einzelfällen sind Computertomographie und NMR-Untersuchungen erforderlich, um das Ausmaß degenerativer Gewebsveränderungen in tiefen Schichten vor der Therapie zu beurteilen. Auch transkutane Sauerstoffdruckmessungen können zur Beurteilung des Therapieerfolges herangezogen werden.
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| 26.11.2011 | Weiter lesen | Druck |