Praxis Sievering

Sieveringer Str 9, 1190 Wien Tel: 328 8777

Gefäßzentrum

Verrengung der
Halsschlagader

Symptomen, Diagnostik und Therapie

Carotisstenose

Übersicht

 

Definition

Darunter versteht man eine umschriebene Verengung einer Hals-schlagader auf Grund erworbener oder selten angeborener Wandveränderungen. Nach heutigen Erkenntnissen ist ein Schlaganfall in bis zu 60% durch Verengung der Halsschlagader bedingt. 40% der Schlaganfälle verlaufen tödlich. Diese Erkrankung steht damit in der Statistik der Häufigkeit der Todesursachen an dritter Stelle. Die Patienten verbleiben durchschnittlich 43 Tage in stationärer Behandlung. Die Prävalenz von höhergradigen Carotisstenosen bei der älteren Bevölkerung liegt bei ca. 3%. Wenn durch ärztliche Behandlung das Eintreten eines Schlaganfalles verhindert werden kann, so bedeutet dies nicht nur eine Senkung von Mortalität und Morbidität, sondern auch eine erhebliche Kostenersparnis. Symptome und Befunde Stadium I - Eine Carotisstenose kann asymptomatisch bleiben (klinisches Stadium I). Die Apoplexierate liegt hier bei 5% und unter maximaler konservativer Therapie (nach Diagnosenstellung) bei 2% jährlich. Stadium II   - Eine symptomatische Carotisstenose (Stadium II) äußert sich in vorübergehenden klinischen Ausfallserscheinungen, die bei der Dauer der Symptomatik von weniger als 24 Stunden als TlA (transitorische ischämische Attacke) oder bei verlangsamter Rückbildung bei einer Dauer von bis zu mehreren Tagen als PRIND (prolongiertes ischämisches neurologisches Defizit oder "little stroke") bezeichnet werden. Stadium III  - beinhaltet den manifesten Insult mit entweder zu oder abnehmender neurologischer Symptomatik. Stadium IV - bezeichnet man den abgelaufenen Insult mit bleibender Symptomatik unterschiedlicher Ausprägung Diagnostik Die Diagnostik umfasst: 1. anamnestische Angaben und Feststellung der neurologischen Symptomatik. 2. die Erfassung von Risikofaktoren 2. die spezielle Diagnostik Die allein zuverlässigen diagnostischen Verfahren sind: 1. Die bidirektionale cw-Ultraschall-Doppler-Untersuchung Die direktionale cw-Ultraschall-Doppler-Untersuchung zur Feststellung des Stenosegrades und der Zuordnung der Stenose zur A.carotis externa oder interna. Die Doppleruntersuchung kann ambulant erfolgen, sollte wegen des ,,subjektiven   Elements" in Einzelfällen allerdings in der behandelnden Klinik wiederholt werden. 2. Die hochauflösende Duplex-Sonographie mit einer Sensitivität von 81% und einer Spezifität von 82%. Hiermit lassen sich neben der Einschätzung des Stenosegrades  auch arteriosklerotische Plaques mit ulzerierter Oberfläche, die als Quelle für arterielle Microembolien anzusehen sind, identifizieren. 3. Die intraarterielle digitale Subtraktionsangiographie gilt heute noch als ,,Goldstandard"  in der Diagnostik. Sie erlaubt die Einschätzung des Stenosegrades, der Morphologie  und Ausdehnung der Stenose und zusätzlich eine Beurteilung des Zustandes der  intrakraniellen Gefäßstrombahn (nachgeschaltete Strombahn). Diese Untersuchung ist mit einem permanenten neurologischen Defizit von 0,3% belastet, in ihrer selektiven  Form jedoch mit 1,2%. Letztere sollte deshalb nur bei gezielter Indikation vorgenommen  werden. 4. Die digitale intravenöse Subtraktionsangiographie. Sie gestattet zumindest bei normalem Herz-Zeit-Volumen (HZV) die orientierende Einschätzung des Stenosegrades, der Morphologie und der Ausdehnung der Stenose.  Eine Einschätzung der intrakraniellen Strombahn ist in der Regel nicht möglich.

5. Die Magnetresonanzangiographie (NMRA) gestattet die Festlegung des     Stenosegrades, der Morphologie der Stenose und die Unterscheidung zwi-schen hochgradiger Stenose und Verschluß. Sie ist weniger untersucherab-hängig als die Sonographieverfahren und besitzt eine Sensitivität von 92% und eine Spezifität von 74%. 6. Die transkranielle Doppleruntersuchung (TCD) gestattet die Einschätzung der  intrakraniellen Zirkulation, insbesondere die seitenübergreifende Kollateralversorgung. 7. Die Computertomographie (CT) gibt Auskunft über frische oder ältere ischämische  Herde und kann andere Ursachen, wie Blutung oder Tumoren ausschließen. Alternativ sind diese Aussagen auch mit Hilfe der Kernspinto-mographie (NMR) möglich. 8. Bei Mehrgefäßerkrankungen kann eine regionäre Hirndurchblutungs-messung mit Bestimmung der Reservekapazität hilfreich sein. lndikationsstellung Stadium I - Im Stadium I wird ein Vorteil der Operation für die Patienten nur bei hochgradigen Stenosen (>70%) und bei sehr niedriger Komplikationsrate pro Zentrum erreicht. Die Apoplexierate im Spontanverlauf beträgt bei maximaler konservativer Therapie nach der ACAS-Studie 2% pro Jahr und nach operativer Behandlung 1 % pro Jahr. Stadium II   - Eine klare Indikation ergibt sich im Stadium II bei hochgradiger Stenose. Konservativ behandelt ergibt sich eine Apoplexierate von 26% und in der operierten Gruppe von 9% nach 2 Jahren, d.h. es erfolgt eine Absenkung des relativen Risikos um 65%. Die perioperative Apoplexierate soll 3% für ein permanentes neurologisches Defizit und die Letalität 1% nicht übersteigen, damit das therapeutische Ziel für den Patienten (Senkung der Apoplexierate durch die Operation) erreicht wird. Stadium III  - Im Stadium III, dem akuten (frischen) Schlaganfall (,,frank stroke") ist eine Operationsindikation nur ausnahmsweise bei fehlender Bewußtlosigkeit gegeben. Innerhalb eines Zeitintervall zwischen Insult und Operation von nicht mehr als 4-6 Stunden bilden sich nach operativer Behandlung bei bis zu 50% der Patienten die neurologischen Ausfälle zurück, jedoch ist die Letalität mit 9% hoch. Die Wertigkeit einer lokalen Lyse bei kranialem Gefäßverschluß ist noch nicht gesichert. Stadium IV - Im Stadium IV ergibt sich die Indikation zur Operation einer Carotisstenose nur bei Patienten, bei denen sich die neurologische Symptomatik weitgehend zurückgebildet hat. Der Operationszeitpunkt orientiert sich am CT-Befund und am Grad der Stenose. Bei fehlender Blut-Hirn-Schrankenströrung im CT und filiformer Stenose kann eine Operation bereits nach 2-3 Wochen, bei geringgradiger Stenose erst nach 4-8 Wochen erfolgen. Ist das Stadium IV durch einen Verschluß der A. Carotis Interna verursacht, kommt ggf. die Externaplastik und in seltenen Fällen ein extraintracranieller Bypaß in Frage. Die Indikation zum Eingriff kann erst nach Beurteilung allgemeiner Risiken erfolgen. Besonders häufig ist die Kombination der Carotisstenose mit stenosierenden Veränderungen an den Coronararterien. Bei entsprechender klinischer Symptomatik ist eine Coronarangiographie erforderlich. Bei gesicherter Stenose und klinischer Instabilität soll zunächst versucht werden, die coronare Situation zu verbessern (PTCA, aortocoronarer Bypass). Bei gleichzeitig bestehendem sehr hohem Apoplexierisiko (filiforme Stenose) und instabiler KHK sollte simultan operiert werden. Therapie Die Thrombendarteriektomie (TEA) der A.carotis interna/externa kann in Allgemeinanästhesie oder in Lokal- bzw. Regionalanästhesie erfolgen. Neben das klassische Operationsverfahren mit Längsinzision von der A.carotis communis in die A.carotis interna hinein und direkter Ausräumung des stenosierenden Verschlußmaterials, ein Verfahren das in gleicher Weise auch für die A. carotis externa gewählt werden kann, ist in jüngster Zeit die sogenannte Eversionsthrombendarteriektomie getreten, bei der die A. carotis interna an der Carotisgabel abgetrennt und durch Eversion von dem Verschlußmaterial befreit und danach wieder replantiert wird. Beide Verfahren haben ähnlich gute Ergebnisse.

Die Einlegung eines temporären Shuntes zur Minimierung der erforderlichen Abklemmzeit ist jedoch bei der Eversionsthromb-endarteriektomie wesentlich schwieriger. Bei der herkömmlichen TEA ist die Shunteinlage problemlos. Eine sichere Verbesserung der Ergebnisse durch Einlegen eines Shuntes ist nicht durch Studien gesichert. Die Verwendung eines Shunts wird jedoch insbesondere bei supraaortischen Mehrfachläsionen (hochgradige Stenose oder Verschluß der kontralateralen A. Carotis interna und / oder zusätzliche Erkrankung der Vertebralarterien) empfohlen. Zur Vermeidung der Ausbildung intraarterieller Thromben wird der Eingriff in Vollheparinisierung durchgeführt.

Die Carotisangioplastie mit Stentimplantation unter Embolischutz wird in absehbarer Zeit der Standardverfahren werden, und dessen Nutzen für den Patienten als auch für den Kostenträger wird zunehmend positiver mit der fortschirftlichen technologischen Entwicklung.

Als Verfahren für das intraoperative Monitoring stehen zur Verfügung: 1. Die perioperative transkranielle Doppleruntersuchung 2. Das EEG 3. Die Messung somato-sensorisch evozierter Potentiale 4. Die Stumpfdruckmessung Als intraoperative Qualitätskontrolle kommen eine elektromagnetische Flussmessung, eine intraoperativen Angiographie oder eine Angioskopie infrage. Es muss betont werden, dass die operative Behandlung der symptomatischen Carotisstenose nur unter der Bedingung einer ausreichend niedrigen Komplikationsrate der konservativen Therapie eindeutig überlegen ist.Neuere, prospektiv und multizentrisch erhobene Daten bestätigen jedoch, dass die Carotisendarteriektomie der symptomatischen und asymptomatischen hochgradigen Carotisstenose in der aktuellen chirurgischen Praxis mit einem mittleren kombinierten operativen Risiko von weniger als 2,5% durchgeführt wird. Damit repräsentiert die Carotisendarteriektomie gegenwärtig den wissenschaftlich fundierten Standard für die Behandlung der hochgradigen Carotisstenose,an dem neuere therapeutische Verfahren gemessen werden müssen. In den letzten Jahren wurde auch die perkutane transluminale Angioplastie (PTA) ohne oder mit Stent (PTA/Stent) an einer zunehmenden Zahl von Patienten mit Carotisstenose angewandt. Zahlreiche Autoren haben die technische Durchführbarkeit dieser Kathetertechniken bei Carotisstenosen aufgezeigt. Nachsorge Unmittelbar postoperativ kann eine low-dose-Heparinisierung erfolgen. Die Langzeittherapie mit ASS ist konsequent durchzuführen. Ambulante Kontrollen des Patienten mittels direktionalem cw-Doppler und Duplex-Sonographie zur Erkennung der Ausbildung einer Restenose oder eine kontralateralen Stenose sollte im ersten Jahr in 1/4-jährlichen Abständen erfolgen. Findet sich nach einem Jahr keine Restenose, genügen weitere Kontrolluntersuchungen nach jeweils 12 Monaten. Zur Sicherstellung einer langfristigen Qualitätskontrolle sollten diese durch die Klinik, die die operative Behandlung vornahm, oder durch einen angiologisch erfahrenen Arzt mit Weitergabe der Ergebnisse an Hausarzt und Klinik erfolgen.

 

| 26.01.2011 | Weiter lesen | Druck |