Proktologie
Anale Feigwarzen, Condylomen
Diagnose und Behandlung
Diagnostik und Therapie von Analerkrankungen
Synonyme: Feigwarzen
Feigwarzen (Condylomata acuminata, spitze Kondylome) sind gutartige epitheliale Tumoren im genitalen Bereich mit verschiedenen Ausdehnung- und Ausprägungsformen . Je nach Lokalisation können sie als stecknadelkopfgroße, meist weißlich, braun oder rötlich pigmentierte Papeln sowohl solitär als auch multipel, beetartig konfluierend, aber auch als große blumenkohlartige Tumoren (destruierend: Buschke-Löwenstein-Tumor, nicht destruierend: Condylomata gigantea) imponieren.
Kondylome sind virusinduziert. Sie enthalten meist die ,,low-risk" HPV-6- (humanes Papillomvirus) und HPV-11-DNA und andere, manchmal auch,,high-risk" (onkogene) HPV-16-, -18-, -31-, -33- und -35-DNA und andere. Die Durchseuchung der sexuell aktiven Bevölkerung mit verschiedenen HPV-Typen ist hoch: 60% der Menschen tragen HPV-Antikörper in sich]. Bei Patienten mit immunschwäche sind Kondylome häufiger nachzuweisen.
Die Übertragung erfolgt vorwiegend durch direkten Haut-zu-Haut-Kontakt und nicht durch Blutübertragung. Die Manifestation von Kondylomen im analen Bereich wird durch prädisponierende Faktoren wie Epithelläsionen (Kratzeffekte, Analverkehr), Entzündungen (Dermatitis), Feuchtigkeit (Fluor), oder Mazeration (Ekzem) begünstigt.
Neben der vorwiegend sexuellen Übertragung sind in seltenen Fällen das gemeinsame Baden oder die gemeinschaftliche Benutzung von Hausgegenständen (Tücher) möglicher Auslöser. Auch die Übertragung vom nicht erkrankten Virusträger ist möglich, z.B. Sexualpartner. Sexueller Missbrauch als Ursache von Feigwarzen bei Kindern kommt vor, ist aber bei Weitem nicht so häufig wie früher angenommen. Bei Kindern - Mädchen erkranken häufiger als Jungen - sind oft auch HPY-2 Auslöser analer Feigwarzen, möglicherweise infolge von Hautwarzen an den Fingern. Risikofaktoren sind verminderte zelluläre Immunität, Nikotin, Koinfektion (Herpes-simplex-Viren, Chlamydien) und Sexualverhalten, Analverkehr, Promiskuität unter anderen.
Feigwarzen zählen zu den am weitesten verbreiteten sexuell erworbenen Krankheiten. Der Häufigkeitsgipfel der Erkrankung liegt zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr. Weltweit steigt die Zahl der Neuerkrankungen kontinuierlich an. Während perianale Kondylome bei Männern häufiger als bei Frauen gesehen werden, finden sich intraanale Feigwarzen infolge analer Sexualpraktiken bei beiden Geschlechtern gleich oft.
Immuninkompetente Patienten sind für die Kondylomerkrankung besonders prädisponiert. Frauen mit vulvärem Kondylombefall zeigen in 18-30% auch anale Feigwarzen.
Kondylome finden sich peri- und intraanal, selten intrarektal sowie an Vulva und Zervix, in der Vagina, an Penis, Skrotum und Urethra.
Kondylome verursachen je nach Lokalisation Juckreiz, Nässen und geringe Blutungen, aber nur selten Schmerzen. Sie können ebenfalls völlig asymptomatisch und sogar unbemerkbar sein.
Unbehandelt können die Feigwarzen unverändert persistieren, sich vergrößern oder vermehren. Spontanremissionen werden in bis zu 30% beschrieben. Bei Immuninkompetenten, beispielsweise Organtransplantierten und HlV-patienten, wachsen die Kondylome in der Regel schneller und gehen mit einem erhöhten Rezidiv- und Entartungsrisiko einher.
Bei langem Bestehen der Kondylome, u.U. auch bei Erstmanifestation, entwickelt sich sehr selten der blumenkohlartige destruierend wachsende Buschke-Löwenstein-Tumor, in dem HPV-6- oder -11-DNA nachweisbar ist]. Selten im Laufe der Zeit entwickelt sich aus Kondylomen ein verruköses Plattenepithelkarzinom. Zur malignen Entartung der Kondylome bedarf es vermutlich Risikofaktoren wie einer hohen Anzahl von Sexualpartnern, Nikotinabusus, chronischer Entzündung und Immunsuppression.
Kondylome werden mittels Inspektion und Palpation diagnostiziert. Zum sicheren Ausschluss eines intraanalen oder intrarektalen Kondylombefalls sind eine Spekulumuntersuchung und/oder eine Proktoskopie bzw. Rektoskopie zum Zeitpunkt der Erstuntersuchung indiziert. Bei flachen Kondylomen kann der Essigsäuretest hilfreich sein: Durch Betupfen mit verdünnter Essigsäure (5% ig,5 min Einwirkzeit) lassen sich die betroffenen Bezirke weiß anfärben. Falsch positive Weißfärbungen sind auch bei anderen Dermatosen möglich wie z.B. beim Analekzem und bei der psoriasis. Eine zwingende Biopsie sichert die Diagnose.
Die In-situ-Hybridisierung, die nicht Bestandteil der Routinediagnostik ist, ermöglicht den Nachweis der Virus-DNA. Eine Untersuchung des Sexualpartners ist erforderlich.
Pigmentierte seborrhoische Warzen, Mollusca contagiosa, Morbus Paget, vulgäre Warzen, die analen intraepithelialen Neoplasien (AIN) und Marisken sind ggf. histologisch auszuschließen. Eine Lues (Stadium II) mit Condylomata lata ist serologisch abzuklären. Selten finden sich plane Kondylome als flächige, weißlich verfärbte Areale.
Die Anwendung von Kondomen bietet je nach Lokalisation der Feigwarzen nur einen begrenzten Schutz; sie ist jedoch zu empfehlen. Die Rezidivprophylaxe erfordert die Untersuchung des Sexualpartners und bei manifester Erkrankung auch die Mitbehandlung.
Es befinden sich zwei Vakzinen zur Prävention des HPV-induzierten Zervixkarzinoms auf dem Markt. Der tetravalente Impfstoff richtet sich nicht nur gegen die onkogene HpV-16_ und -18-DNA, sondern auch gegen die HpV-6- und -11-DNA. Eine prophylaktische Impfung bei Mädchen sollte vor dem ersten Geschlechtsverkehr' erfolgen. Derzeit ist nicht bekannt, wie lange die Schutzwirkung anhält. Eine therapeutische Wirkung auf Kondylome ließ sich nicht zeigen. Die protektive Wirksamkeit bei Männern wurde nicht nachgewiesen.
Bei der Behandlung von Condylomen sollte die Form, die Ausdehnung und die Lokalisation berücksichtigt werden. Singuläre Feigwarzen können mit Lokaltherapeutika konservativ behandelt werden; ausgedehnte Kondylombeete und blumenkohlartige Tumoren sowie intrarektale und intraanale Kondylome sollten operativ destruktiv therapiert werden, da die topisch wirksamen Medikamente für die Therapie der Kondylome der Schleimhaut nicht zugelassen sind. In der Schwangerschaft darf keine Behandlung mit Podophyllotoxin und Imiquimod erfolgen; ggf. können sie operativ beseitigt werden.
Wirksamkeit
In den unten aufgeführten Studien wurden Kondylome im perianalen, anorektalen, anogenitalen und genitalen Bereich therapiert.
Einer systematischen Übersicht und auch später publizierten randomisierten Studie zufolge führte 1%ige bis 5%ige Imiquimod-Creme zu einer signifikant höheren Abheilungsrate und zu einem signifikant verminderten Wiederauftreten von Feigwarzen. Imiquimod-Creme (Aldara@) ist effektiver als Plazebo
Podophyllin liegt nicht in einer stabilen, standardisierten Verbindung vor und hat mutagene wie auch teratogene Eigenschaften. Lokal applitierte Podophyllotoxincreme (Wartec@ ) oder -lösung (Condylox@) wird nicht empfohlen.
Lokal appliaierte Trichloressigsäure ist ebenso effektiv wie die Kryotherapie (flüssiger Stickstoff).
Topisch appliziertes 5-Fluorouracil kann nicht empfohlen werden.Es ist hochtoxisch und bei topischer Applikation teratogen.
Die systemische Interferontherapie kann nicht empfohlen werden, da mit erheblichen Nebenwirkungen zu rechnen ist. Außerdem ist die Datenlage zu den Therapieergebnissen widersprüchlich.
Bei der operativen Therapie ist zu beachten, dass es sich um epidermale Tumoren handelt. Sie umfasst Exzisions- und lokale Destruktions-verfahren: Abtragung mittels Schere, Elektrokoagulation, Laser- und Kryotherapie, Exzision mittels Skalpell. Die Destruktion tiefer Hautschichten erbringt keinen Vorteil bezüglich der Radikalitat und der Rezidivprophylaxe. Sie geht allerdings mit dem Risiko funktionell ungünstiger Narbenbildungen einher. Die Elektrokoagulation ist effektiver als die Kryotherapie.
Die Lasertherapie (CO2) ist ebenso effektiv wie die operative Abtragung.
Aus eigener Erfahrung empfehlen wir , die Kondylome mittels flüssigkeitsunterstützter Koagulation, z.B. mit einer Kugelelektrode unter simultaner Wasserapplikation, oder mittels Laser zu zerstören und anschließend ggf. mit dem scharfen Löffel zu kürettieren. Nach operativer Therapie sind in den ersten 3 Monaten kurzfristige Kontrollen (z.B. alle 4 Wochen), später Kontrollen in größeren Abständen zu empfehlen.
| 25.08.2013 | Mehr lesen | Druck |