Definition
Darunter versteht man ein
Verschluss der Schlagader. Häufigste Ursachen für den
plötzlichen Verschluss einer Extremitätenschlagader sind die
arterielle Embolie (meist
Embolisierung von thrombotischem Material aus dem linken Herzen) und
die arterielle
Thrombose. Seltene Ursachen sind Gefäßrupturen oder Gefäßdissektionen.
Pathogenetische Ursachen arterieller Thrombosen sind in der Regel vorbestehende
arteriosklerotische Veränderungen der Gefäßwand,selten
auch Aneurysmen.Auslösende
Ko-Faktoren für eine arterielle Thrombose sind oft eine gesteigerte
Gerinnungsfähigkeit
des Blutes, (z.B. bei Exsiccose), eine Herzinsuffizienz oder eine iatrogene
Maßnahme
(Punktion, Angiographie.
Symptome
Das Ausmaß der peripheren
Ischämie richtet sich nach Lokalisation und Länge des
Gefäßverschlusses sowie nach dem Vorhandensein ausgebildeter
Kollateralen. In
einem gesunden Gefäßsystem kann z.B. ein kurzstreckiger embolischer
Verschluss
der Oberschenkelarterie zum Absterben der Unterschenkelmuskulatur führen,
da die
Ausbildung von Kollateralbahnen länger dauert als die tolerable
Ischämiezeit der
Muskulatur. Andererseits ruft ein langstreckiger Verschluss der Oberschenkelarterie
auf
dem Boden einer vorbestehenden chronischen Stenose oft nur eine geringe
klinische
Symptomatik hervor, da die Kollateralisation bereits weitgehend ausgebildet
ist.
Im Einzelfall kann der Verlauf eines akuten Gefäßverschlusses
mit seinen Auswirkungen
auf das periphere Gewebe nie mit Sicherheit vorausgesagt werden. Klinische
Symptome
reichen von geringen, vom Patienten oft nicht beachteten Beschwerden,
bis zum
kompletten neurologischen Defizit (völlige Parese der Extremität).
Zur Beurteilung des
Spontanverlaufs ist neben dem aktuellen klinischen Befund auch die Zeitdauer
zwischen
dem akuten Verschluss und der aktuellen Symptomatik zu berücksichtigen.
Leicht bis
mäßiggradige Ischaemiesymptome sind innerhalb von wenigen
Minuten bis Stunden
zu erwarten, die Situation kann sich bis zur kompletten Ischämie
steigern, oder durch
spontane Kompensations-Mechanismen auch wieder verflüchtigen.
Diagnose und Therapieeinleitung
Die Ermittlung des Dopplerindex
,
dem Quotienten des Doppler-Druckes im Bereich
der Knöchelarterien und dem Blutdruck am Arm (an Stenose im supraaortalen
Bereich
denken !). Bei der hämodynamisch nicht relevanten Stenose wird
dieser größer als 1
oder 1 sein, je nach Schweregrad der Durchblutungsstörung sinkt
er unter 1 ab, wobei
ein Wert bis 0,7 für gewöhnlich keine Indikation für
ein weiteres diagnostisches Vorgehen
darstellt. Eine Ausnahme hiervon bildet die diabetische Angiopathie,
die durch die
Mediasklerose die Werte nach oben verfälscht. Eine kritische Gliedmaßenischämie
ist
anzunehmen bei absoluten Druckwerten, die unter 50 mm Hg im Knöchelbereich
oder
beim Diabetiker unter 30 mmHg im Zehenbereich liegen. Zur Einschätzung
der
Gehstrecke ist die Laufbandergometrie nützlich, die bei 3 km/Std.
und 12° Steigung
erfolgen soll. Diese Werte entsprechen nicht der tatsächlichen
Gehleistung unter
physiologischen Bedingungen, die etwa 2 - 3 mal so hoch ist.
Die Duplexsonographie
kann Stenosen
und Verschlüsse der Oberschenkelgefäße darstellen und
auch die Art
der Arteriosklerose bestimmen. Akute thrombotische
Komplettierungen und Embolien
lassen sich mit dieser Methode gut erkennen.
Die intraarterielle digitale Subtraktionsangiographie
gilt
heute als Goldstandard der Angiographie und ist wo möglich
- einzusetzen.
Sie hat die konventionelle Angiographie ohne
Subtraktion des Nativbildes wegen
der geringeren Kontrastmittelmenge und der
höheren Sensitivität fast vollständig
verdrängt. Dennoch kann die konventionelle
Angiographie bei bestimmten
Fragestellungen (insbesondere periphere Gefäßverschlüsse)
indiziert sein und liefert
technisch hervorragende Angiogramme.
Die intravenöse digitale Subtraktionsangiographie
Diese
Methode kommt nur für großkalibrige Arterien in Betracht
und weist eine deutlich
geringere Sensitivität und Spezifität
auf.
Therapieeinleitung
Eine konservative medikamentöse
Therapie (in der Regel systemische Heparinisierung)
ist nur bei sehr peripheren Embolien unter laufender Beobachtung der
klinischen
Symptomatik ratsam. Bei einer arteriellen Thrombose richtet sich die
Behandlung nach
der klinischen Symptomatik. Eine primäre konservative Therapie
ist bei nur milder
Ischaemie-Symptomatik statthaft.
Bei der arteriellen Embolie besteht die Methode der Wahl bei mehr zentral
gelegenen
Verschlüssen in der chirurgischen Embolektomie, die auch in Lokalanästhesie
durchführbar ist. Der chirurgische Eingriff ist umso dringlicher,
je ausgeprägter
die ischaemischen Symptome sind (z.B. embolischer Aortenverschluß).
Bestehen bei einer arteriellen Thrombose ausgeprägte Symptome,
ist in der Regel die
sich unmittelbar an die Angiographie anschließende Katheterlyse
die Methode der Wahl.
Sie ist jedoch nur so lange vertretbar, so lange nicht die Ischämietoleranz
der Extremität
überschritten wird. Als Anhaltspunkt für die Toleranz der
Muskulatur bei kompletter
Ischaemie (myoneurales Defizit) kann die 6-Stunden-Regel gelten, jedoch
sind auch
Extremitätenverluste unterhalb dieser Zeitgrenze beschrieben.
Ist die Katheterlyse erfolgreich, kann die zugrunde liegende Gefäßläsion
(z.B. Stenose
oder chronischer Verschluß) durch interventionelle Kathetertechniken
oder operative
Maßnahmen korrigiert werden.
Ist aufgrund der klinischen Symptomatik aus Zeitgründen ein chirurgisches
Vorgehen
notwendig (d.h. der Erfolg einer percutanen Lyse ist nicht innerhalb
der Ischämietoleranz
des Gewebes zu erwarten), muß eine intraoperative Lysetherapie,
bzw. ein chirurgisches
Rekontruktionsverfahren (Thrombendarteriektomie oder Bypaß) folgen.
Eine intraoperative Angiographie ist nach Embolektomie zentraler Gefäßverschlüsse
ratsam, nach Embolektomie peripherer Gefäße dringend zu empfehlen.
Bei der Behandlung der akuten arteriellen Thrombose, ggf. mit intraoperativer
Lyse,
ist die intraoperative Angiographie unabdingbar. Eine intraoperative
Doppler- bzw.
Ultraschalluntersuchung kann die Angiographie nicht ersetzen.
In Abhängigkeit von Außmaß und Dauer des Ischämie
ist u.U. eine Fasziotomie
notwendig. Aus praktischen Erwägungen bietet sich diese unmittelbar
nach der
Rekonstruktion als prophylaktische Maßnahme an. Bei ischämisch
bedingtem
Kompartmentsyndrom sind in der Reihenfolge ihrer Wichtigkeit das anteriore,
das fibulare und das tiefe dorsale Kompartment betroffen. Alternativ
zur prophylaktischen
Fasciotomie kann der klinische Verlauf durch engmaschige klinische und/oder
apparative
Untersuchungen (Druckmessung) beobachtet werden.
Ist es durch die Ischämie nur zu einer funktionellen Schädigung
der Muskulatur
gekommen, ist eine sekundäre Beeinträchtigung anderer Organsysteme
unwahrscheinlich. Hat die Ischämie dagegen zu einer strukturellen
Schädigung
der Muskulatur geführt, muß mit dem sog. Tourniquet-Syndrom
gerechnet werden.
In diesem Fall ist eine intensiv-medizinische Behandlung zwingend.
Besteht eine komplette Ischämie einer Extremität (insbesondere
einer unteren) mit
kontrakter Muskulatur über einen Zeitraum von mehr als 8-10 Stunden,
ist mit einem
massiven Tourniquet-Syndrom und u.U. der Gefährdung des Lebens
des Patienten zu
rechnen. In diesem Fall muß in kritischer Abwägung der vorbestehenden
Organschäden
und des Ausmaßes der ischaemischen Muskelschädigung eine
primäre Amputation
der Extremität erwogen werden.
Nachsorge
Nach überwindung der
ischaemischen Phase muss eine adaequate Behandlung der
Grunderkrankung erfolgen, um Rezidiven vorzubeugen. Diese besteht bei
embolischen
Verschlüssen, insbesondere bei Vorliegen einer absoluten Arrhythmie
und
Vorhofflimmern in der Antikoagulation. Auch nach Lyse bzw. Thrombektomie
von
arteriellen Thrombosen ist eine solche Antikoagulation für einige
Monate,
häufig auch lebenslänglich, indiziert. Zugrunde liegende organische
Ursachen
( z.B. Popliteaaneurysma) müssen elektiv korrigiert werden.
|