Plastisch-chirurgische
Maßnahmen bei Brusterhaltung und Rekonstruktion
von OA Dr. Erika Pilz, Abt für Plastische Chirurgie, KH Lainz
Bei etwa 30 % der Mammakarzinom-Patientinnen kann eine brusterhaltende
Therapie
durchgeführt werden. Voraussetzung für die Erzielung eines guten
ästhetischen
Ergebnisses ist eine adäquate Schnittführung unter Brücksichtigung
der Spannungslinien
der Haut Ausgedehnte Resektionen zur Tumorentfernung im Gesunden können
zu unbefriedigenden Resultaten - bedingt durch fehlendes Brustdrüsengewebe,
Hautverziehungen und eine Verziehung des Areola- Mamillen- Komplexes -
führen.
Der sofortige Ausgleich dieser Unregelmäßigkeiten trägt
zur Verbesserung
der Langzeitergebnisse bei. Dies gelingt häufig durch Mobilisierung
des angrenzenden
Parenchyms, auch bei zentralem Tumorsitz, oder durch Einbringen eines
Muskellappens
oder einer Prothese. Bei großen Brüsten kann eine gleichzeitige
Reduktionsplastik,
vor allem bei kaudaler Tumorlokalisation, die Brustform entscheidend verbessern.
Verfügt der Primäroperateur nicht über die erforderlichen
plastisch-chirurgischen
Kenntnisse, und ist eine intraoperative interdisziplinäre Zusammenarbeit
nicht möglich,
sind sekundär Korrektureingriffe mit oft hohen technischen Anforderungen
indiziert. Sehr
oft kann eine Verbesserung, aber nicht immer ein optimales Ergebnis
erzielt werden.
Das ästhetische Langzeitresultat kann auch durch eine postoperative
Strahlentherapie
mit ödembildung, Hyperpigmentierung und Einziehung der Narbe nachteilig
beeinflußt
werden.
Große Tumore, Rezidive, Exulzeration und Multizentrizität
stellen eine Indikation für eine
Mastektomie dar In diesen Fällen besteht die Möglichkeit die
Brust zu rekonstruieren,
wobei sich der Rekonstruktionszeitpunkt (Primär- oder Sofortrekonstruktion
versus
Sekundär- oder Spätrekonstnlktion) an der Aufklärung
durch den primären Operateur,
dem Wunsch der Patientin und den plastisch-chirurgischen und personellen
Gegebenheiten orientiert.
Der Plan der Rekonstruktion muß auf eine möglichst exakte
Nachbildung der Brust in
Größe, Form und Konsistenz ausgerichtet sein. Wesentlich
sind die Herstellung einer
attraktiven Projektion und natürlichen Ptose zur Anpassung an die
gesunde Brust.
Wichtig erscheint die genaue präoperative Aufklärung der Patientin,
welche Verbesserung
mit Hilfe plastisch-chirurgischer Verfahren erreicht werden kann. Sie
muß verstehen,
daß - obwohl die Form der Brust wiederhergestellt wird - nicht
die gleiche Sensibilität
und nicht unbedingt die gleiche Größe wie präoperativ
vorhanden sind. Nicht selten ist
eine Reduktion der kontralateralen Brust zur Größenangleichung
und Korrektur
der Asymmetrie notwendig. Unabhängig vom Zeitpunkt bestehen zwei
Möglichkeiten der
Rekonstruktion, nämlich jene mit Fremdgewebe (Prothesen) oder mit
körpereigenem
Gewebe (Haut-Muskel-Lappen), wobei auch eine Kombination der beiden
Verfahren zur
Erzielung eines entsprechenden Volumens erforderlich sein kann.
Rekonstruktion mit Fremdgewebe
Sind nach einer Modifiziert
radikalen Mastektomie genügend Haut und Muskulatur
vorhanden, kann durch die einfache Implantation einer Brustprothese
- eventuell nach
vorheriger Aufdehnung der Haut mit einem Expander - ein gutes Resultat
erreicht werden
Ist die Haut zu dünn, zu stark gespannt oder strahlengeschädigt
bzw. die Pektoralmuskulatur teilweise oder vollständig reseziert,
muß ein Haut-Muskel-
Lappen vom Rücken oder ein Hautlappen von der vorderen Bauchwand
für
die Wiederherstellung der Brust Verwendung finden.
Rekonstruktion mit körpereigenem Gewebe:
Der myokutane Latissimus
dorsi-Lappen bietet bei vielen Frauen genügend Gewebe zur
Rekonstruktion der Brust. Er ist in besonderer Weise durch die richtige
Plazierung der
Hautinsel geeignet, das angestrebte Ziel zu erreichen. Der großflächige
Muskel kann
die gesamte vordere Brustwand abdecken, einen sicheren Schutz für
ein Implantat bieten
und die vordere Axillarfalte durch Verlagerung des Muskelansatzes wiederherstellen.
Seine Verwendbarkeit ist vielseitig und ganz unabhängig vom Verlauf
der Mastektomienarbe sowie der Ausdehnung des Defekts. Weitere Vorteile
sind eine
relativ einfache Technik, eine geringe Belastung für die Patientin,
kein Funktionsausfall
und eine rasche Rehabilitation. Als Nachteile wären die sichtbare
Narbenbildung am
Rücken, das nicht immer ausreichende Volumen und die eventuell
notwendige
Kombination mit einer Prothese sowie die Reduktion der kontralateralen
Brust aus
Symmetriegründen anzuführen.
Für eine Rekonstruktion mit einem TRAM-Lappen (transversaler abdominaler
muskulokutaner Rektuslappen oder unterer Bauchhaut-Insellappen) sind
Frauen
mit kräftigem Körperbau, gut gepolsterter unterer Bauchdecke
und lockerer oberer
Bauchdecke, jugendlichen oder mittleren Alters und mit vorausgegangener
Schwangerschaft bestens geeignet. Er kann einseitig oder doppelseitig
gestielt
bzw. als freier mikrovaskulärer Lappen verwendet werden. Ein hohes
Risiko für einen
gestielten Lappen weisen Patientinnen mit Nikotinabusus (mehr als 20
Zigaretten/die),
abdominellen Narben und vorausgegangener Strahlentherapie auf Stark
ausgeprägte
Fettpolster sprechen auch eher gegen eine adäquate Perfusion der
Bauchdecke.
Als eventuelle Nachteile dieser technisch aufwendigen Rekonstruktionsmethode
könnten
die Gefahr einer abdominellen Henienbildung und die längere Rehabilitationsphase
genannt werden. Zur Vervollständigung der Brustrekonstruktion kann
2 - 3 Monate später
die Rekonstruktion der Brustwarze durch Teilung und Transplantation
der kontralateralen
Brustwarze bzw. lokale Lappenplastiken und die des Warzenhofs durch
ein Transplantat
von der zweiten Brust oder der Oberschenkelinnenseite bzw. durch Tätowierung
erfolgen.
Zusammenfassend darf gesagt werden:
1. Das beste asthetische
Ergebnis kann durch brusterhaltende Therapie mit
Defektausgleich erzielt werden.
2. Ist eine Mastektomie indiziert, kann die Rekonstruktion primär
oder sekundär erfolgen.
3. Mit Expander-Prothesen kann kein dem Latissimus dorsi-Lappen, der
auch nach
Strahlentherapie verwendet werden kann, vergleichbares
Resultat erreicht werden.
Brustprothesen stellen kein erhöhtes Risiko
für Rezidivtumore, Bindegewebs oder
neurologische Erkrankungen dar.
4. Der TRAM-Lappen kann Brustdrüsengewebe meist ohne zusätzliche
Prothese ersetzen,
hat aber eine höhere Komplikationsrate
als der Latissimus dorsi-Lappen.
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